Was der Sieg Trumps bedeutet

Trump beschimpft regelmäßig seine politischen Gegner. Soweit nichts Neues. Dennoch sind seine Äußerungen durchaus ernst zu nehmen. Wärst du persönlich betroffen, würdest du es auch ernst nehmen, wenn eine in der Öffentlichkeit stehende Person wie Donald Trump im öffentlichen Fernsehen folgendes zu sagen hat. „Lassen wir sie mit einem Gewehr dastehen, das mit 9 Läufen auf sie schießt. Mal sehen, wie sie sich dabei fühlt. Du weißt schon, wenn die Gewehre auf ihr Gesicht gerichtet sind.“

„Let’s put her with a rifle standing there with 9 barrels shooting at her. Let’s see how she feels about it. You know, when the guns are trained on her face.“

Trump meint damit die frühere republikanische Kongressabgeordnete Liz Cheney. Sie gehört zu Trumps härtesten innerparteilichen Kritikern. Sie ist die Tochter von Dick Cheney, der von 2001 bis 2009 Vizepräsident von George W. Bush war. Liz Cheneys Widerstand gegen den Ex-Präsidenten kostete sie 2022 die Wiederwahl ins Repräsentantenhaus, da Trump sich im Wahlkampf offensiv gegen sie stellte.

Der Feind im Inneren

In den letzten Wochen der Wahl 2024 hat Präsident Donald Trump wiederholt auf das hingewiesen, was er als den „Feind von innen“ bezeichnet (Deep State). Am 9. Oktober sagte er zu Anhängern in Scranton, Pennsylvania, dass Vizepräsidentin Kamala Harris von „sehr klugen, sehr bösartigen Menschen“ umgeben sei, die „der Feind von innen“ seien. Am 13. Oktober erklärte er gegenüber Maria Bartiromo von Fox News, dass der Abgeordnete Adam Schiff „der Feind von innen“ sei, und warnte auf die Frage nach möglichen Unruhen am Wahltag vor „sehr schlechten Menschen“, „radikalen linken Fanatikern“, die, falls „nötig“, von der Nationalgarde oder dem Militär gehandhabt werden sollten.

Experten sagen, dass der Ausdruck „Feind von innen“ an die Rhetorik von Senator Joseph McCarthy, R-Wis., erinnert, der in den 1950er Jahren berüchtigte Kongressuntersuchungen leitete, um den von ihm behaupteten Kommunismus in der Regierung zu bekämpfen. Trumps Äußerungen im Oktober sind nicht das erste Mal, dass er über Bedrohungen von innen in den USA spricht. Sein wiederholtes Verwenden des unklaren Begriffs „Feind von innen“ hat Alarm bei denen ausgelöst, die sagen, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Seine Warnungen kommen zu einer Zeit, in der er droht, Medien und Politiker zu untersuchen, und seinen Anhängern wiederholt versichert, dass er „ihre Vergeltung“ sei.

Aber was meint er genau, wenn er von „Feind von innen“ spricht? Wir fragten sein Wahlkampfteam und erhielten keine Antwort. Experten für präsidiale Rhetorik sagen, dass diese vage Ausdrucksweise kein Zufall sei.

Trump sagte, dass das Militär den „Feind von innen“ möglicherweise handhaben müsse.

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YotubeVideo „Trump wird wieder Präsident!“ Innenpolitik Trump ab 4:59

Die Demokratie abschaffen

Die Angst geht um, dass der Republikaner die USA, ein Kernland der Demokratie, in eine Autokratie oder gar Diktatur umwandelt. Seine politischen Gegner – vor allem die weit links – gehen fest davon aus, dass Trump und seine Vordenker längst entsprechend planen.

Und dazu zählt auch, den 1951 ratifizierten 22. Zusatzartikel der US-Verfassung zu kippen, wonach ein und derselbe Präsident nach zwei Amtszeiten von maximal acht Jahren abtreten muss. Trump befeuert die Befürchtungen selbst. Er bescheinigte sich Chancen, „vier Jahre und darüber hinaus“ zu regieren.

Project 2025

Projekt 2025 bietet eine Roadmap für den „nächsten konservativen Präsidenten“, um die Bundesregierung zu verkleinern und grundlegend zu verändern, einschließlich des Steuersystems, der Einwanderungsdurchsetzung, der Sozialhilfeprogramme und der Energiepolitik, insbesondere solcher, die darauf abzielen, den Klimawandel zu bekämpfen.

Es greift auch tief in den Kulturkampf ein, der das Land spaltet. Projekt 2025 fordert die Abschaffung der Lehre von „‚kritischer Rassentheorie‘ und ‚Gender-Ideologie‘“ an öffentlichen Schulen und das „Löschen“ von Begriffen wie „Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion“, „Geschlechtergerechtigkeit“ und „reproduktive Gesundheit“ aus „allen Bundesvorschriften, Agenturrichtlinien, Verträgen, Zuschüssen … und jeder Gesetzgebung, die existiert.“

Vizepräsidentin Kamala Harris, die demokratische Präsidentschaftskandidatin, hat versucht, Donald Trump mit dem 887-seitigen Buch in Verbindung zu bringen, das teilweise von ehemaligen Beratern des früheren Präsidenten verfasst wurde. Harris und die Demokraten bezeichnen den Plan als „Trumps Projekt-2025-Agenda“ und führen ihn als Beweis (nicht immer zutreffend) dafür an, was Trump als Präsident tun wird, insbesondere bei heiß diskutierten Themen wie Sozialversicherung, Medicare und Abtreibung.

Trump selbst behauptet, nichts über den Plan zu wissen, und seine Kampagne erklärte, dass Projekt 2025 „nicht mit der Kampagne in Verbindung gebracht werden sollte.“

Wer hat Project 2025 finanziert und verfasst?

Das Projekt wird von der Heritage Foundation, einem konservativen Thinktank, der 1973 gegründet wurde, geleitet und finanziert. Neben Heritage gibt es mehr als 100 konservative Organisationen im Beirat von Projekt 2025. Zu diesen „Koalitionspartnern“ gehören das Center for Immigration Studies, Moms for Liberty, Susan B. Anthony Pro-Life America, Tea Party Patriots, Turning Point USA und die America First Legal Foundation, die von Stephen Miller, einem ehemaligen Berater von Trump, geleitet wird.

Was ist ganz konkret der Inhalt von Project 2025?

Projekt 2025 versucht, „an einem Ort eine Konsensansicht darüber zusammenzufassen, wie große Bundesbehörden regiert werden müssen.“

  • Abtreibung verbieten
  • Bundesausgaben vermindern und „unentlassbare“ Bundesbürokraten entlassen
  • Privatisierung staatlicher Funktionen wie:
    • Nationaler Wetterdienst
    • Transportsicherheitsbehörde
    • Nationales Hochwasserversicherungsprogramm
    • Abschaffung des Bildungsministeriums
    • Überholung des Justizministeriums
    • Kürzungen sind Ämter und Programme, die saubere Energie fördern
    • Zerschlagung der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA)
  • Die Rückkehr „jedes Regelwerks zur Einwanderung, das während der Trump-Administration erlassen wurde.“

Trump selbst will mit der Heritage Foundation öffentlich nichts zu tun haben, nannte die Pläne „extrem“. Und doch gibt man sich unbesorgt: Trump distanziere sich zwar öffentlich, setze aber letztendlich doch die Ziele seiner Truppe um, sagte einer der Köpfe der Heritage Foundation, Russell Vought, in einem weiteren kürzlich aufgetauchten Video. Trump habe die Organisation sogar „gesegnet“.

Adolf Hitler als Vorbild?

John Kelly hält Donald Trump für einen Faschisten. Seinem früheren Stabschef zufolge soll sich Trump während seiner Präsidentschaft so loyale Generäle wie „Hitlers Generäle“ gewünscht haben.

„The Atlantic“ zitiert aus Hintergrundgesprächen mit ehemaligen Trump-Vertrauten im Weißen Haus, wonach Trump sich bewundernd über Adolf Hitler und dessen Militärs geäußert habe: „Ich brauche die Art von Generälen, die auch Hitler hatte“, soll Trump gesagt haben. Also solche, die ihm bedingungslos folgen.

Mit den Aussagen konfrontiert, wies ein Sprecher von Trump die Recherchen als vollkommen falsch zurück.
„Präsident Trump hat so etwas nie gesagt“, so Alex Pfeiffer.

Trump hatte erst vor kurzem im Interview mit Fox News gesagt, er würde im Falle eines Wahlsiegs bei der US-Wahl 2024 „nur für einen Tag“ ein Diktator sein und seine politischen Gegner verfolgen lassen. Diesen Kommentaren folgten dann die Analogien an Reden Adolf Hitlers. Gegenüber dem ABC-Korrespondenten Jonathan Karl soll Trump zugegeben haben, dass er im Besitz einer Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ sei. Das schrieb Karl in seinem Buch „Tired of Winning: Donald Trump and the End of the Grand Old Party“.

Im November 2023 erinnerte ein weiteres Statement Donald Trumps an die Sprache von faschistischen Machthabern wie Adolf Hitler oder Benito Mussolini. „Wir versprechen Ihnen, dass wir die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und die linksradikalen Schläger ausrotten werden, die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, die lügen, stehlen und Wahlen betrügen“, so Trump auf einer Wahlkampfrede. Historiker zeigten sich entsetzt.

Im Sommer 2020 nannte Trump auf einer Rede in Michigan den Unternehmer und Autobauer Henry Ford einen Mann „mit gutem Blut“ und betonte die Bedeutung von „guten Blutlinien“. Ford war bekannt für seinen glühenden Antisemtismus und seine Begeisterung für Adolf Hitler.

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Aber auch bei Trumps Verweis auf eine angebliche „Bedrohung von innen“ lassen sich klare Parallelen zur Rhetorik Adolf Hitlers ziehen. Dieser sagte etwa in seiner Rede vor dem Reichstag am 23. März 1933, dass zunächst die „inneren Feinde“ ausgeschaltet werden müssten, um die Stabilität des Deutschen Reiches zu bewahren. Hitlers Rede führte zur Abstimmung über das sogenannte Ermächtigungsgesetz, das die gesetzgebende Gewalt auf die Nationalsozialisten übertrug und damit die demokratische Staatsordnung aufhob. Es war die Grundlage für die zwölf Jahre währende Nazidiktatur.

Trumps Bewunderung für Diktatoren ist bekannt, er schätzt Russlands Gewaltherrscher Wladimir Putin ebenso wie Kim Jong-un. Über den nordkoreanischen Tyrannen sagte er im Sender „Fox News“ einmal: „Er ist der Führer seines Landes, und ich meine, er ist wirklich ein starker Führer … er spricht, und sein Volk sitzt stramm. Ich möchte, dass mein Volk das auch tut.“

Sorgen in der Ukraine, EU und NATO

Trump erklärte, dass er gute Beziehungen zu Putin und Selenskyj habe und dass er den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden würde. Einen konkreten Plan äußerte er im Wahlkampf dagegen nicht, sondern er wiederholte lediglich immer wieder, dass die Ukraine Frieden brauche. Doch es wächst die Sorge, dass Trump die Ukraine zu einem für sie nachteiligen Frieden zwingen könnte. Schließlich hat er alle Hebel in der Hand: Ohne die USA wäre die Existenz der Ukraine bedroht, Putin hätte freie Bahn. Denn der Westen könnte die militärische Unterstützung der Amerikaner nicht kompensieren.

Trump prangerte im Wahlkampf zwar erneut an, dass ein Teil der europäischen Alliierten die Bündnisziele bei den Verteidigungsausgaben verfehlt und weckte Zweifel daran, ob die USA unter seiner Führung uneingeschränkt zur Beistandsverpflichtung stehen würden. Frühere Austrittsdrohungen wiederholte er allerdings nicht.

In der Nato wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass viele europäische Alliierte ihre Verteidigungsausgaben in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert haben. Auch Deutschland ist inzwischen bei den zwei Prozent Anteil der Militärausgaben an der Wirtschaftsleistung angekommen, die Trump in seiner ersten Amtszeit vehement eingefordert hat.

Trump hat im Wahlkampf angekündigt, auf Importe aus Weltregionen wie Europa neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen. Damit will er den Produktionsstandort US stärken und das aktuelle Handelsdefizit abbauen. Es ist Trump ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Für Unternehmen aus der EU waren die USA 2023 der wichtigste Waren-Exportmarkt

Besonders hart könnte es für die deutsche Autoindustrie und ihre Zulieferer werden. Für Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz sind die USA zusammen mit China der wichtigste Absatzmarkt außerhalb der EU. Sonderzölle hätten voraussichtlich erhebliche negative Auswirkungen. Erneut eskalieren könnte auch der Konflikt um von Trump in seiner ersten Amtszeit eingeführte Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Dieser konnte durch einen Deal mit Noch-Präsident Biden entschärft werden – dessen Laufzeit endet allerdings im März kommenden Jahres.

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